Wie lange hab ich dieses Buch schon im Schrank stehen? Immer und immer wieder hat das doch bedrückende Thema mich nicht angesprochen, eine Schande wenn man bedenkt, dass Edgar Hilsenrath mit "Nacht" einen mehr als interessanten "Insider-Bericht" aus den jüdischen Ghettos während des zweiten Weltkriegs geschrieben hat.
Zwei junge Männer versuchen in einem jüdischen Ghetto in Rumänien zu überleben. Der tägliche Kampf ums Essen, um eine sichere Unterkunft in der Nacht und um verschollene Familienmitglieder. Wirklich bedrückende Verhältnisse und Schicksale, die Edgar Hilsenrath hier in Worte fasst. Acht Jahre schrieb er an diesem Buch und man möchte ihm für diese spannende, detailreiche Geschichte einfach nur danken.
Wer das ultimativ schwarzhumorige "Der Nazi & der Friseur" noch in seinem Kopf hat, sollte diesen Witz hier nicht erwarten. "Nacht" ist eindeutig düsterer und auch keine so leicht verdauliche Kost. Edgar Hilsenrath bestreitet zwar immer, dass dieses Buch auf wahren Begebenheiten beruht, man kann aber auch eindeutige Parallelen zu seinem Leben ziehen. Am meisten kritisiert, die Bewohner des Ghettos kommen oftmals nicht zu gut weg. Es wird geklaut, Tote werden ausgeplündert und eigentlich ist sich jeder selbst der nächste. Doch genau so und nicht anders reagieren die meisten Menschen in außergewöhnlichen Notsituationen. Dass damit das Judentum angeriffen und der Holocaust verharmlost wird, dass möchte man den verblendeten Kritikern nicht abnehmen. Für mich das Quentchen Realität, dass dieses Buch u.a. so lesenswert macht.
9/10
dtv; 2007; 12,90 €