Mittwoch, 27. Juni 2012

Joyce Carol Oates - Vergewaltigt


Der Untertitel "Eine Liebesgeschichte" lässt einen bei dem Titel "Vergewaltigt" die Stirn runzeln und verwirrt aufblicken. Ein Thema das mit Liebe eigentlich nichts gemein hat. Nichtsdestotrotz reizte es mich diese Novelle zu lesen.

Joyce Carol Oates  erschuf mit "Vergewaltigt" eine Erzählung, die von der attraktiven Teena und ihrer zwölfjährigen Tochter Bethie handelt. Teena wird nach einer Party von einer Gruppe Männer vergewaltigt, während ihre Tochter hilflos zusehen muss und glücklicherweise dem selbem Schicksal entgeht. Die Männer werden identifiziert und angeklagt. Doch als die Vergewaltiger plötzlich straffrei aus diesem Verbrechen herauszugehen scheinen, findet sich ein heimlicher Beschützer, der im Hintergrund für die Gerechtigkeit von Teena und ihrer Tochter kämpft.

Ein Buch, dass mich extrem mitfühlig gemacht hat. Verzweiflung, Hass, Schadenfreude, Wut und Unglauben an die Menschheit konnte ich wahrlich intensiv miterleben. Wenn man vom bestimmenden Thema mal absieht, merkt man, dass Joyce Carol Oates gut schreiben und den Leser in ihren Bann ziehen kann.  Eine Geschichte die von Verzweiflung geprägt ist, einen am Ende dann aber doch ein bisschen versöhnlich zurück und nicht in dem Sumpf von menschlichen Abgründen feststecken lässt. Es gibt gute Menschen da draußen und es gibt auch die ultimativen Bösen.

9/10

Fischer; 2012; 8,99 €

Samstag, 23. Juni 2012

Stephen King - Der dunkle Turm - Schwarz


Immer wieder stolpert man über "Den dunklen Turm", wenn man Endzeitszenarien sucht. Grund genug, auch mal damit anzufangen."Schwarz" ist der 1. Band dieser Reihe.

Roland, der letzte Revolermann durchstreift eine trostlose, beinahe menschenleere Welt auf der Suche nach dem dunklen Turm. Überall herrscht Chaos, überall kämpfen die verbliebenen Menschen ums Überleben. Er folgt dem Mann in Schwarz, der der ihn zum dunklen Turm führen soll.

Grundgütiger, was war denn das? Selten so enttäuscht von einem Buch gewesen. Oft kommt man sich so vor, als liest man gerade die holprigen Ergüsse eines 10jährigen. Eine Sprache zum davonlaufen. Auch die oftmals vielgerühmte Geschichte ist absolut nicht überzeugend. Streckenweise todeslangweilig und immer wieder hat man das Gefühl, Stephen King baut einfach mal kurz eine Figur ein, damit ein bisschen Spannung aufkommt. Ob das jetzt ein Mensch, Monster, Mutant oder nur eine Vision ist, ist ihm völlig egal. Er bedient sich aus allem, was die Fantasy und Esoterik zur damaligen Zeit hervorgebracht hat. Ein Konzept kann man dahinter nicht erkennen. Zwar sollen die restlichen Bände dieser Reihe besser sein, aber ich werde definitiv keine weitere Seite dieser Saga lesen. Absolute Zeitverschwendung bei diesem "Auftakt"! Wer das Buch möchte, bekommt es gegen Portoersatz geschenkt. Bitte melden, sonst wandert's in die Altpapiersammlung!

1/10

Heyne; 2003; 7,95 €

Montag, 18. Juni 2012

Joe Hill - Locke & Key - 01: Willkommen in Lovecraft


Der Sohn von Stephen King veröffentlicht Comics. Wer jetzt denkt, diese gehen nicht in die Horror-Richtung, liegt natürlich falsch. Dass Joe Hill seine Leser aber auch in Angst und Schrecken versetzen kann, beweist er mit seiner Reihe "Locke & Key".

Mystische Türen, magische Schlüssel. Joe Hill entwirft ein Szenario, dass so manchen Leser in Schrecken versetzt. Ein Serienmörder der den Vater umbringt verfolgt die restliche Familie. Diese fliehen auf den alten Landsitz, der vor Geheimnissen nur so wimmelt. Türen, die nur mit bestimmten Schlüsseln geöffnet werden können und hinter denen sich große und düstere Geheimnisse verbergen. Doch der Serienmörder ist nicht der Einzige der der Familie nach dem Leben trachtet, hinter den Türen lauert auch ein altes und gefährliches Monster.

Ich muss sagen mir gefällts richtig gut. Die Geschichte ist super und auch überhaupt nicht kindlich gehalten. Bin sehr gespannt auf die nächsten Bände. Die Mischung zwischen Fantasy, Horror und Psychothriller ist einfach gut ausbalanciert. Auch die Zeichnungen von Gabriel Rodriquez treffen meinen persönlichen Geschmack. Ich werde auf jeden Fall weiterlesen.

8/10

Panini; 2009; 16,95 €

Sonntag, 17. Juni 2012

Roger Smith - Kap der Finsternis


Ein Freund hat mir dieses Buch empfohlen. Gesucht war ein spannender Krimi fürs Wochenende. Sehr schade, wenn man diese Person nicht mehr persönlich sieht und sich mit ihm von Auge zu Auge über Bücher austauschen kann. Noch schlimmer, wenn man dann auch noch fast den gleichen Geschmack hat. Denn, soviel kann ich im Voraus verraten, er hat mit "Kap der Finsternis" denselbigen mehr als getroffen.

Südafrika, Kapstadt. Eine Stadt mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite die Villenviertel, die schönen Häuser, die reichen Urlauber. Auf der anderen Seite Gewalt, Vergewaltigungen, Drogen und Prostitution in den Ghettos. Ein Amerikaner mit zwielichtiger Vergangen taucht mit seiner Familie in dieser Stadt auf und wird in ein willkürliches Gewaltverbrechen hineingezogen. Es beginnt eine atemlose Hetzjagd durch Kapstadt, in der nicht nur der Mann und die Gangster, sondern auch die Polizei Einfluss nimmt.

Sehr gut, einfach gut geschrieben. Man kann die Protagonisten förmlich vor sich sehen, kann den fetten Cop merklich riechen und sich so die Welt, die Roger Smith erschaffen hat, einfach perfekt vorstellen. Man watet mit ihm durch ein Meer aus Blut, durch ein von Korruption und Machtgeilheit geschaffenes Kapstadt, durch die gefährlichen Viertel und durch willkürliche Polizeibrutalität. Zwei Kritikpunkte gibt es. Einer davon, das allzu geschönte Ende. So viel Friede, Freude, Eierkuchen braucht man nicht immer. Den Guten gehts gut, die Bösen sind alle bestraft. Der zweite Punkt ist durchaus schwerwiegender: Wer "Gangsterleben" wirklich so geschrieben als ein Graffiti übersetzt, noch dazu aus einem südafrikanischem Slum-Viertel heraus, der gehört bestraft. Manchmal sollte ein Übersetzer auch das Feingefühl besitzen, einige Beschreibungen in der Originalsprache zu lassen. Aber das sind nur verschwindend geringe Störungen verglichen mit dem absolut fesselndem Lesegenuss.

9/10

Heyne; 2010; 8,99 €

Donnerstag, 14. Juni 2012

Bernd Schroeder - Auf Amerika


Ich las nur Nazivergangenheit, Nachkriegsjahre und oberbayrisches Dorf. Mehr brauch ich nicht, damit ein Buch interessant auf mich wirkt.

Ein Junge wächst im oberbayrischem Dorf Hausen auf. Die Mutter, ehemalige Berlinerin, der Vater ein Dummschwätzer und Taugenichts mit Nazivergangenheit. Nur langsam erschließt sich dem Jungen, was sich wirklich hinter der Vergangenheit seines  Vaters verbirgt. Auch hat er eigentlich nur einen einzigen Vertrauten im ganzen Dorf, den etwas ruhigen und nachdenklichen Veit. Keiner kennt ihn wirklich, aber er hat eine ganz große Geschichte: Er war in Amerika.

Was ich nicht weiß, ist die Sprache von Bernd Schroeder extra dem ländlichem Charme angepasst oder schreibt er wirklich so holprig. Ich meine, gegen Ende der Erzählung ist die Sprache sogar besser geworden oder ich habe mich vielleicht nur daran gewöhnt. Aber nicht nur wegen der sprachlichen Erzählweise kann mich der Roman nicht überzeugen. Die Geschichte mag zwar ganz nett sein, ich selbst bin auch auf einem Dorf großgeworden, aber wirklich mitreißend ist sie nicht. Klar die gewissen Stereotypen, die jedes Dorf hat, beschreibt er ganz gut, aber wirklich rausreißen kann er mich damit nicht. Was er gut getroffen hat, den Wunsch aus dem Dorf auszubrechen, weg von der ländlichen Idylle hinein in eine neue Welt.

4/10

Hanser; 2012; 17,90 €

Sonntag, 10. Juni 2012

Jan Off - Happy Endstadium


Jan Off ist wohl einer der bekannteren Untergrund-Autoren, die sich wenigstens noch ein bisschen mit der Punk-Szene identifizieren können. Wer den Ventil-Verlag kennt, der weiß auch in welche Richtung die veröffentlichten Bücher gehen.

In "Happy Endstadium" geht es um fünf junge Weltverbesserer, die sich neben den ständigen Reibereien mit der Staatsmacht auch mit dem Gangsternachwuchs aus der Nachbarschaft herumschlagen müssen. Aber auch innerhalb der autonomen Gruppe kommt es zu zwischenmenschlichen Komplikationen. Liebe, Intrige, rauschbedingte Torheit und Tod mischen die radikale Truppe auf.

Eindeutige Kritik an der linksautonomen Szene hallt hier auf. Drogen und Alkohol scheinen oftmals wichtiger, als für die eigenen Ideale einzustehen. Der oft angeprangerte Sexismus, sowie die Gleichberechtigung, sogar die Ernährung wird absolut primitiv der Angebeteten angepasst, ein wirkliches Hinterfragen der Hauptfigur, oder auch nur eine ehrliche Anpassung an diese gesellschaftlichen Regelungen erfolgt nicht. Genauso wie viele Menschen natürlich auch im realen Leben sind: Verlogen und nur auf den eigenen Nutzen aus. Auch die politische Intension scheint oftmals hinter Drogen und Alkohol zu verschwinden. Eindeutig ernster ist dieses neue Werk von Jan Off. Es prangert klar Missstände an, die hoffentlich von einem kleinem Teil der Leser bemerkt werden. "Happy Endstadium" regt auf jeden Fall mehr zum Nachdenken an, als vorherige Bücher des Autors. Trotzdem liest es sich immer noch sehr gut und mit einer ordentlichen Prise Humor.

8/10

Ventil; 2012; 14,90 €

Mittwoch, 6. Juni 2012

Wilhelm Raabe - Die schwarze Galeere


Ein weiterer Klassiker, der mich aufgrund des historischen Roman-Hintergrundes, als auch wegen der romanhaften Beschreibung des Niederländischen Revolutionskrieges interessiert hat.

Schauplatz der Geschichte ist das Vorland von Antwerpen, mit seinen Forts und natürlich der Stadt selbst. Hier wird rückschauend das Schicksal Antwerpens geschildet und deren Belagerung und Eroberung durch die Spanier im Jahre 1585. Hauptteil der Erzählung ist auch die Liebesgeschichte von Jan Narris mit Myga von Bergen, die der Geschichte auch eine gewisse Spannung und Dramatik einhaucht.

Jedes Buch, in dem die "Andrea Doria" vorkommt, ist sowieso gut. Wenn man allein diesen wohlklingenden Namen über die Zunge rollen lässt, fühlt man sich schon wie in der Vergangenheit, mitten auf den dreckigen Straßen irgendeiner Hafenstadt. Aber genug am Buch vorbei. Wilhelm Raabe hatte schon 1861 dieses Buch verfasst und damit  eine Novelle über den Krieg im 16. Jahrhundert zwischen den Niederlanden und Spanien geschrieben. Allgemein kann man sagen, die Geschichte ist schön zu lesen und auch die Liebesgeschichte zwischen Jan und Myga weiß zu gefallen. Ansonsten hat's leider nicht ganz meine Erwartungen getroffen.

6/10

Anaconda; 2008; 2,95 €

Sonntag, 3. Juni 2012

André Pilz - No Llores, mi querida - Weine nicht, mein Schatz


André Pilz, ein Autor den man lesen sollte. Ein Autor, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Da mir sein Erstling immer noch gefehlt hat, musste ich, bevor im September der neue Roman "Die Lieder, das Töten" erscheint, diese Lücke noch schließen.

Rico, der Prototyp für einen Skinhead: Versoffen, gewalttätig und immer auf Krawall gebürstet. Mit seinen Hooligan-Freunden mischt er Fussballspiele auf, versucht er sein Viertel "sauber" zu halten und betrinkt sich. Klar, dass sich auch unter die "unpolitischen" Skinheads auch ein paar Rechte mischen und sich so unliebsame Konfrontationen ergeben. Als er sich in eine Schwarze verliebt, bekommt er von allen Seiten gewaltigen Ärger.

Wohl der wütenste, aggressivste  und gewaltvollste Pilz. Für mich daher auch der bisher beste Pilz. Leidenschaft, Liebe, Hass, alle diese Gefühlsausbrüche die André Pilz hier vortrefflich beschreibt machen diesen Roman aus. Dafür, dass dies auch noch sein Erstlingswerk ist, absolut super. Neben den bereits besprochenen "Man Down" und "Bataillon d'Amour" wiederum ein ernsthaft zu empfehlendes Buch. Alle die sich auch für Punk / Oi!, Rechts / Links und Hooligans / Fussball interessieren, sollten hier dringend zugreifen. Nur die oftmals zitierten Onkelz stoßen mir schlecht auf. Ok, dafür sind diese natürlich auch das beste Beispiel für eine typische Skinhead-Band. Die einzige Frage die sich stellt, in welcher Oi!-Band hat denn der Autor gespielt? Ich freu mich auf den September, wenns dann endlich vielversprechenden Nachschub gibt.

9/10

Archiv der Jugendkulturen; 2005; 18,- €

Freitag, 1. Juni 2012

Erzenberg am Wald - Der Reiseführer zum Untergang


Ein Reiseführer, der eigentlich gar keiner ist. Eher eine Art "liebevolle" Hommage an eine kleine nicht-existente Stadt.

Drei sächsische Herren names Thomy, Veit Anders und Peter Schaffert haben zusammen einen sehr hübsch gestalteten "Reiseführer zum Untergang" für das Städtchen Erzenberg am Wald verlegt und auch selbst geschrieben. Dieses Erzenberg am Wald ist wegen Unterminierung zum Untergang verurteilt, was touristisch ja durchaus Branding-Potenzial hat. Das reizen die drei gut gelaunten Hobbyverleger mit einer anarchistischen Lust am bösen Kalauer und einer Menge absurder Schnappschüsse von architektonischen Scheußlichkeiten aus.

Durchaus witzig, eine Menge an satirischen und unterhaltsamen Abschnitten unterteilen dieses Buch in die klassischen Abschnitte eines jeden Reiseführers. Man kann durchaus Parallelen zu den trostlosesten Orten ziehen, die man in seinem Leben schon bereist oder gesehen hat. Wer mal was zum Lachen für zwischendurch braucht, kann hier immer mal wieder nachschlagen und sich amüsieren.

7/10

Erzenbergische Verlagsanstalt; 2011; 14,95 €