Mittwoch, 23. Januar 2013

Edgar Hilsenrath - Nacht


Wie lange hab ich dieses Buch schon im Schrank stehen? Immer und immer wieder hat das doch bedrückende Thema mich nicht angesprochen, eine Schande wenn man bedenkt, dass Edgar Hilsenrath mit "Nacht" einen mehr als interessanten "Insider-Bericht" aus den jüdischen Ghettos während des zweiten Weltkriegs geschrieben hat.

Zwei junge Männer versuchen in einem jüdischen Ghetto in Rumänien zu überleben. Der tägliche Kampf ums Essen, um eine sichere Unterkunft in der Nacht und um verschollene Familienmitglieder. Wirklich bedrückende Verhältnisse und Schicksale, die Edgar Hilsenrath hier in Worte fasst. Acht Jahre schrieb er an diesem Buch und man möchte ihm für diese spannende, detailreiche Geschichte einfach nur danken.

Wer das ultimativ schwarzhumorige "Der Nazi & der Friseur" noch in seinem Kopf hat, sollte diesen Witz hier nicht erwarten. "Nacht" ist eindeutig düsterer und auch keine so leicht verdauliche Kost. Edgar Hilsenrath bestreitet zwar immer, dass dieses Buch auf wahren Begebenheiten beruht, man kann aber auch eindeutige Parallelen zu seinem Leben ziehen. Am meisten kritisiert, die Bewohner des Ghettos kommen oftmals nicht zu gut weg. Es wird geklaut, Tote werden ausgeplündert und eigentlich ist sich jeder selbst der nächste. Doch genau so und nicht anders reagieren die meisten Menschen in außergewöhnlichen Notsituationen. Dass damit das Judentum angeriffen und der Holocaust verharmlost wird, dass möchte man den verblendeten Kritikern nicht abnehmen. Für mich das Quentchen Realität, dass dieses Buch u.a. so lesenswert macht.

9/10

dtv; 2007; 12,90 €

Dienstag, 15. Januar 2013

Rosa Marie Barth - Der Jägerfranzel von Gerstruben


Eine Neuauflage dieses Jugendbuches aus dem Jahre 1934. Rosa Marie Barth wurde damals wegen kritischen kirchen- und judenpolitischen Äußerungen gegenüber den Nazis verboten.

Wie schon der Titel vermuten lässt, steht der 15-jährige Franzel im Mittelpunkt des Geschehens. Als Sohn eines Revierjägers ist er stark mit der Natur verbunden, vermisst aber auch das städtische Leben in Oberstdorf. Als der Verpächter des Jagdgebietes seines Vaters zur Jagd auftaucht, verändert sich Franzels ganzes Leben.

Was als Jugendbuch gedacht ist, kann auch gut und gerne von Erwachsenen gelesen werden. Auch das Alter der Geschichte lässt diese Buch keineswegs in einem schlechten Licht erscheinen. Wer gerne über die Berge liest, gerne in der Natur unterwegs ist und bspw. auch die Höfats kennt, der sollte hier wirklich einen Blick riskieren. Ich hoffe der Ursus-Verlag packt in nächster Zeit noch mehr solche Schätzchen aus! Eines sei aber noch angemerkt: Warum töten Menschen, die als große Tierfreunde dargestellt sind, dann trotzdem noch Tiere bzw. essen diese? Doppelmoral ahoi.

8/10

Ursus; 2012; 9,90 €

Freitag, 11. Januar 2013

Daniel Woodrell - Der Tod von Sweet Mister


Daniel Woodrell ist schon durch sein äußerst gutes "Winter's Knochen" aufgefallen. Mit "Der Tod von Sweet Mister" bringt er einen neuen Kurzroman auf den Markt, der es in sich hat.

Shug ein dreizehnjähriger Junge, wächst mir seiner hübschen, aber alkoholkranken Mutter im Süden Missouris heran. Tyrannisiert vom Vater Red leben die beiden in ständiger Angst vor Prügelattacken. Als Red seinen Sohn Shug zu Einbrüchen zwingt, taucht ursprünglich der rettende Jimmy van Pearce auf, der Glenda und Shuggie eine bessere Welt verspricht. Doch Shug hat zwiespältige Gefühle in seinem neuen Nebenbuhler gegenüber seiner Mum.

Wieder sehr gut. Drogen, Alkohol, sinnlose Gewalt und Südstaaten-Flair. Daniel Woodrell scheint zu wissen, worüber er schreibt. Auch seine Spiele mit der menschlichen Vorstellungskraft, was passieren kann und wie seine Protagonisten dies ausleben, äußerst eindrucksvoll. Er überrascht einen immer wieder mit seinen Geschichten und zieht den Leser unheimlich in seinen Bann. Guter Autor, guter Verlag!

9/10

Liebeskind; 2012; 16,90 €

Donnerstag, 10. Januar 2013

Monika Bittl - Freiwild


Monika Bittl, noch nie zuvor gehört und doch ein so großartiges Buch wie "Freiwild" zum Glück nicht verpasst.

Sie erzählt von der Roten Res, der Dame an Räuber Heigls Seite. Diesem berühmt berüchtigtem Räuber im Bayern der frühen 19. Jahrhunderts. Wie sich die Liebe zwischen den beiden und auch die Liebe zum Wissen und Lernen der jungen Theres entwickelt, das sind die großen Themen hier. Sie begehrt auf, gegen die frauenverachtenden Gesetze, gegen Ungerechtigkeit und gegen die Obrigkeit. Wie das ganze so vonstatten gegangen sein soll, dass beschreibt uns Monika Bittl hier mit Tagebuchauszügen, Gerichtsaussagen und Zeugenbefragungen.

Einmal angefangen, kann man sich nur schwer dem Sog entziehen, der sich mit diesem Buch ausbreitet. Was passiert mit Theres, warum muss gerade sie immer neue Schicksalsschläge hinnehmen und warum sitzt sie überhaupt im Gefängnis? Wer ein Buch über eine starke Frau lesen möchte, die für Ihre Rechte kämpft, der sollte hiermit anfangen. Spannend, fesselnd und der romantische Hauch des 19. Jahrhunderts in Verbindung mit der Geschichte um den bayrischen "Robin Hood" macht "Freiwild" zu einem der besten Bücher 2012. Zumindest für mich.

10/10

Droemer Knaur; 2012; 18,- €